Berlin-Peking Oldtimerrallye 2019: Samarkand-Taschkent-Ferghana (Tage 21-23)

Am 24. August 2019 sind 8 Teams in ihren eigenen Oldtimern und unser Service-Car auf das 52-tägige Abenteuer von Berlin nach Peking, gestartet. Die Etappen an den Tagen 21 bis 23 führten von Samarkand über Taschkent bis nach Ferghana. Vielen Dank wie immer unserem Rallyebotschafter Bernd Andrich für Berichte und Fotos, ebenso Team “Grey Lady” für die Fotos.

Tag 21: Samarkand-Taschkent 312 km

Da die Straßen nach Taschkent gut bis sehr gut ausgebaut sind, konnten wir die Abfahrt ruhig angehen lassen. Es war die letzte Etappe der Rallye, die ich gemeinsam mit Alex, unserem Mechaniker, im Werkstatt-Bulli zurücklegte. Glücklicherweise gab es bisher “nur” viele kleine, technische Probleme, für die er schnell und kompetent Lösungen fand. Danke Alex und Daumen hoch! Mit seinen guten Russischkenntnissen hat er uns oft das Leben erleichtert. Er führte mich auch geschickt über die Tage an die musikalischen Highlights des aktuellen russischen Pops und Raps heran. Ich werde mir in der Heimat einige Titel aus dem Internet herunterladen. Ab Taschkent ist nun neu Dominik als Rallyemechaniker dabei.

Hinter Samarkand sahen wir schon die ersten höheren teils felsigen Berge, denn wir näherten uns den westlichen Ausläufern des Tianshan-Gebirges.  Rinder- und Ziegenherden, Mais- und Baumwollfelder, ab und zu Esel oder Pferde prägten die Szenerie. Immer wieder sahen wir als Farbtupfer Reihen von Tamarisken-Sträuchern mit ihren fedrigen rötlichen Blütenständen.

20 km vor Taschkent wurde die Landschaft saftig grün. Sie hatte einen Touch von meinem Zuhause in Deutschland nördlich von Berlin. Wir passierten gegen 13.30 Uhr die obligatorische Polizeistation im Schritttempo mit 5 km/h. Die Straße in die Innenstadt war 4-spurig oder je nach lokaler Fahrweise auch hin und wieder 6-spurig.

Treffsicher erreichten wir das moderne Hotel International Tashkent, das umrahmt von weiteren Hochhäusern mit Glasfassaden in einem großen Geschäftsviertel lag. Es gab noch eine Polizeikontrolle bei der Einfahrt in das Viertel.

Auf der Stadtrundfahrt am Nachmittag bekamen wir einen kleinen Ausschnitt Taschkents zu sehen. Taschkent ist seit 1993 Partnerstadt Berlins. Sie ist wie die deutsche Hauptstadt von Multikulti geprägt. Türkische, persische, indische, mongolische, chinesische und russische Elemente haben das Aussehen der Menschen beeinflusst. Imposant ist die ausgedehnte grüne Lunge der Stadt mit sehr gepflegten Parks und vielen Wasserspielen. Die Sauberkeit der Innenstadt fiel mir besonders auf. Überall haben die lateinischen Buchstaben die Oberhand gewonnen. An den Geschäften und auf Werbetafeln gibt es häufig englische Begriffe. Die alte kyrillische Schrift ist nur noch selten zu sehen. Auch hier hat die Globalisierung schon längst stattgefunden.

Nach dem großen Erdbeben 1966 wurde die Stadt mit großer Kraftanstrengung und nationaler sowie internationaler Hilfe wiederaufgebaut. Deshalb macht das Stadtbild heute einen sehr modernen Eindruck. Deutschland hat ebenfalls Aufbauhilfe geleistet. Der mit 375 m höchste Fernsehturm Zentralasiens dient als Orientierungshilfe.

Tag 22: Taschkent-Ferghana 326 km

Adieu Taschkent, hallo Ferghana. Ich freute mich schon darauf endlich das flache Land zu verlassen. Wir hatten ein super Frühstück. Das reichhaltigste und am schönsten dekorierte.

Auf nach Ferghana, an einem Stausee machten wir eine Pause. Dort sah ich endlich die ersten  schneebedeckten Berge des Tianshan. Vor uns stand schon der rote Volvo P 1800 von Team 2. Er war eine beliebtes Fotomotiv der Einheimischen. Weiter ging es hinauf auf den 2.200 m hohen Kamchik-Pass. Bis zu 15.000 Fahrzeuge nutzen täglich diese Straße. Sie ist deshalb zum Teil 6-spurig wie eine Autobahn ausgebaut. Allerdings quert ab und zu auch mal eine Ziegenherde die stark befahrene Strecke. Bergab beschlossen Dominik und ich eine kleine Zwischenmahlzeit einzunehmen. Wir sahen das Schild Schaschlik und fuhren rechts ran. Über drei Etagen in den Berg gebaut luden landestypische Tische zum Essen ein. Hier war für sehr Gelenkige der Schneidersitz angesagt. Team 5 und 7 hatten vor uns die gleiche Idee. Wir setzten uns dazu, bestellten Schaschlik, Nudelsuppe, Tee und Pepsi Cola.

Hinunter ins Ferghana-Tal, wo zunehmend die Farbe Grün dominierte, im sogenannten „Obstgarten von Usbekistan“. In der Stadt Kokand hatten wir wegen Straßensperrungen etwas die Orientierung verloren. Der Staatspräsident Mirziyoyev besuchte hier ein Kulturfestival. Wir schlossen uns einfach den anderen umgeleiteten Fahrzeugen mit usbekischem Kennzeichen an. Die Entscheidung, ohne elektronische Hilfe zu fahren, war richtig. Nach wenigen Minuten waren wir wieder auf dem lila Führungstrack unseres Garmins. In Ferghana angekommen, erfuhren wir, dass zwei Teams die Befestigung des Auspuffs erneuern mussten. Zufällig gab es unterwegs einen Basar mit einer kaum überschaubaren Anzahl gebrauchter und neuerer Autoteile. Mit etwas Improvisation war schnell das Passende gefunden und vom Verkäufer gleich angeschraubt.

Um 19.00 Uhr saßen wir am Abendbrottisch im lauschigen Hotelgarten. Danach sprach Rallyeleiter Rainer wieder kompetent über Entwicklungen im Zusammenhang mit dem weitreichenden chinesischen Projekt „Neue Seidenstraße“.

Tag 23: Ferghana – Seidenweberei

Am Vormittag besuchten wir eine Werkstatt für Seidenweberei. Vom Spinnen der Seidenfäden aus den Kokons der Seidenraupe bis zur Herstellung von Stoffen und Teppichen wurden die alten Produktionsweisen vorgestellt. Seide ist die einzige natürliche Endlos-Faser. Hauptbestandteil ist Protein. Sie kam über die Seidenstraße nach Europa. Die grünen Blätter der Weißen Maulbeere dienen der Zucht der Seidenspinnerraupe. Maulbeerbäume wurden auch an Alleen in Preußen angepflanzt, um Seide herzustellen. Man ließ aber davon ab, weil der Import aus China billiger war.  Zur Färbung wurden Naturprodukte wie Zwiebelschalen, Wallnussschalen, Akazienspäne, Granatapfel und Indigo genutzt.

Nach dem Besuch eines großen Lebensmittelbasars traten wir die Rückfahrt an. Zum Abendessen gab es nach dem gedünsteten Gemüse, der Kürbissuppe das typische Nationalgericht Plow. Es ist ein orientalisches Reisgericht. Wir hatten Reis mit Fleisch, Möhre, Zwiebel, Knoblauch. Alles gewürzt mit Koriander. Rainer setzte anschließend seine interessante Vortragsreihe fort. Den Nachmittag nutzten einige Teams zur Fahrzeugpflege. Der Alvis von Team 1 bekam einen Ölwechsel. Dominik, unser Mechaniker, hatte alles im Griff. Morgen geht es weiter nach Kirgisistan.

Wir wünschen allen eine pannenfreie Weiterfahrt und viele Eindrücke auf den nächsten Etappen nach und durch Kirgisistan.

Bernd Andrich