Berlin-Peking Oldtimerrallye 2019: Astrachan-Atyrau-Kul’Sary (Tage 12-13)
Am 24. August 2019 sind 8 Teams in ihren eigenen Oldtimern und unser Service-Car auf das 52-tägige Abenteuer von Berlin nach Peking, gestartet. Die Etappen an den Tagen 12 und 13 der Rallye führten von Astrachan in Russland über den “Highway to Hell” nach Atyrau in Kasachstan, und von dort weiter nach Kul’Sary. Vielen Dank unserem Rallyebotschafter Bernd Andrich für den Bericht, und ihm und dem Team “Grey Lady” für die Fotos.
Tag 12: Astrachan-Atyrau 355 km – “Highway to Hell”
Gegen 8 Uhr starteten die 8 Oldtimer in Richtung Atyrau. Die 250.000 Einwohner zählende moderne Stadt liegt nur 45 km entfernt vom Nordufer des Kaspischen Meer. Sie ist das größte Zentrum der Erdgas- und Erdölindustrie Kasachstans.
Voran das Begleitfahrzeug mit Alla, Rainer, Artur und mir. Am Ende fuhr Mechaniker Alex mit dem grünen Werkstatt-Bulli. Bis zur etwa 50 km entfernten Grenze waren die Walkie-Talkies auf Empfang geschaltet. Kurz vor dem Grenzpunkt kam Spannung beim Überqueren eines Flusses auf einer wackeligen, unter der Fahrzeuglast metallisch ächzenden Ponton-Brücke auf. Manchmal tauchte ein Schwimmelement mit dem Auto etwas in den Fluss ein und Wasser spritzte hoch. Drüben heil angekommen waren wir erleichtert. Die nächste Station war der Grenzübertritt von Russland nach Kasachstan. Wie so oft ließen sich die Grenzer und einheimische Reisende mit unseren Oldtimern fotografieren. Nach zwei Stunden waren wir in Kasachstan, tauschten restliche Rubel in Tenge, die kasachische Landeswährung, um.
Gegen 12.30 Uhr Astrachaner Zeit, fuhr unser Konvoi in Richtung Atyrau ab. Die Stimmung war bestens bis wir nach einigen Minuten die Asphaltstraße mit einer chaotischen Schotterpiste tauschen mussten. Staub, Staub ……. ständig Wellen, Dellen, Querrinnen und Löcher. Was wir noch nicht einmal ahnten, wir befanden uns auf dem 300 km langen kasachischen Highway to Hell und es gab kein zurück. Um 14.00 Uhr hatten wir bei einem Tankstopp eine kurze Rüttel- und Staubpause bis wir die restlichen 250 km in Angriff nahmen. Ich muss es an dieser Stelle vorwegnehmen. Wir hatten bis Atyrau eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 40 km/h. Ich fuhr mit Alex im Werkstattwagen wie immer am Ende. Vor uns standen drei Teams am Straßenrand. Wir fuhren rechts ran. Der schöne Alvis, Baujahr 1954 mit Andreas und Johann hatte ein Kühlwasserproblem. Der Kühler hatte ein kleines Loch, aus dem minimal Wasser austrat. Durch die Erschütterungen schliff ab und zu das Lüfterrad am Kühler. Alex und Andreas positionierten das Lüfterrad neu und füllten Kühlwasser nach. Das keine Löchlein sollte später geschlossen werden. Heinz und Walter mit dem Volvo P 1800 hatten den Alvis überholt und das Schleifgeräusch gehört. Allerdings dachten sie, es käme hinten aus ihrem Fahrzeug. Doch dann war klar, es kam vom Alvis, dem sie das signalisierten.
Beim Weiterfahren blieben wir hinter dem Alvis und machten einige Fotos von der Steppe beim Sonnenuntergang. Da wir uns seit vielen Kilometern auf einer rudimentären Asphaltstraße befanden, quälten wir uns teilweise im Schritttempo von Schlagloch zu Schlagloch. Die waren mitunter meterlang und ziemlich tief. Ab und zu setzte das Auto unten auf. Es wurde dunkel und das Fahren wurde zu einem großen Risiko für uns und den Bulli. Wir mussten bei aufblendendem Gegenverkehr Lastwagen überholen. Nach unvorstellbar schwierigen 270 km sahen wir in der Nacht am Horizont eine breite Lichterfront. Das Licht am Ende des Tunnels war “schon” Atyrau, die Erdölstadt. Sie kam nur langsam näher, da die flache Steppe einen sehr weiten Blick zuließ.
Endlich, gegen 22.00 Uhr erreichten der Alvis und wir das äußerst angenehme und servicefreundliche Hotel Renaissance. Wir waren glücklich, unversehrt dem nächtlichen Highway to Hell entkommen zu sein. Alle Autos erreichten ohne größere Schäden das Hotel. Das war auch das Ergebnis der guten Vorbereitung durch China Tours mit Informationen und einem Fahrzeugcheck durch erfahrene Techniker in Deutschland und der Schweiz und durch die Teams selbst. Kein Team hatte bisher eine so lange Höllenfahrt erlebt. Das Team Frank und Louis Piaia mit dem Mercedes Cabrio 300 SL überlebten, mit offenem Verdeck fahrend, völlig eingestaubt den Survival-Test.
Nach kurzem Austausch von Teammitgliedern an der Hotelbar über das gefährliche Krachen der Stoßdämpfer, das Schaben des Bodenblechs, das Stöhnen ihrer Karosserien oder riskante Überholmanöver von langen Lastwagen war gegen Mitternacht endlich Bettruhe angesagt. Was für ein Tag!
Tag 13: Atyrau-Kul’Sary 227 km
Der nächste Tag diente vormittags noch zum Entspannen in Atyrau. Erst um 12.30 Uhr starteten wir Richtung Kulsary (45.000 Einwohner). Vorher machten wir in Atyrau noch einen Stopp an der Brücke über den Fluss Ural. Er teilt die Stadt in einen europäischen und einen asiatischen Teil. Auf beiden Seiten haben wir Erinnerungsfotos gemacht.
Die Asphaltstraße ließ sich sehr gut fahren. Steppe soweit das Auge reicht. Wir hatten genügend Zeit, für das Fotografieren von Pferden, Kamelen und Ziegen. Kurz vor unserem Tagesziel passierten wir im Ort Dossor einen architektonisch interessanten muslimischen Friedhof. Gegen 17.00 Uhr fuhren wir auf den Parkplatz des kleinen Stadthotels Agatai. Die Zimmer waren einfach aber sauber und hatten eine Klimaanlage. Die Keramikbecken der Toiletten waren zum Teil im Fußboden eingelassen. Das war gewöhnungsbedürftig. Ich fotografierte noch einen schönen rotgefärbten Sonnenuntergangshimmel hinter dem nahen Industriegelände. Die Schattenrisse der Masten und Schornsteine ergaben interessante Bilder.
Morgen steht der Grenzübertritt nach Usbekistan an. Es wird eine sehr lange Strecke. Start 7.00 Uhr!
Wir wünschen allen eine pannenfreie Weiterfahrt und viele Eindrücke auf den nächsten Etappen in Usbekistan.
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